Freitag, 18. März 2011

Kinderkrankheiten und kleine Schätze

Viele der alten Schätzchen, die hier bei uns zum Aufpäppeln abgegeben werden, sind doch eher etwas alltägliches, was man in jeder gut ausgestatteten Hausbibliothek findet. Bspw. Meyers Koversationlexika mit mangelnder Lederpflege (einmal im Jahr mit Nivea eincremen ist doch eigentlich nicht so schwer), alte Atlanten, gute (und dementsprechend stark zerlesene) Kochbücher und viele, viele Bibeln.

Viele der guten Stücke (ab ungefähr Mitte des 19. Jahrhunderts) wurden im Rücken ihrer Lagen mit Klammern befestigt. Bis heute hin hat sich das zu einer der "beliebtesten" Kinderkrankheiten bei alten Büchern entwickelt.
So einfach es für die Buchbinder damals auch war die Lagen zu klammern, haben sie aber nicht daran gedacht, dass diese Klammern irgendwann mal rosten werden. Und dieser Rost fraß sich mit der Zeit durch das Papier und zerstörte es damit.
Das Resultat liegt dann irgendwann in der Hand: Die Bindung geht kaputt und die Lagen fallen heraus.


Bei diesem Buch kann man deutlich den Rost an den Lagen sehen.
Der Rost zerstört und verfärbt das Papier nicht nur, sondern er lässt es auch brüchig werden.
Auch alte Papiere sind brüchig, die durch den Bleichvorgang bei ihrer Herstellung langsam aber sicher sauer wurden. Eine Kombination aus rostigen Klammern und saurem Papier ist ein Garant dafür, dass viele Lagen schon im Rücken gerissen sind, bevor wir das Buch in die Hände bekommen.

Deutlich zu erkennen: Die Löcher im Papier - durch Säure und Rost entstanden.

Diese rostigen Klammern müssen natürlich raus. Und obwohl das eine relativ stumpfsinnige Arbeit ist, reißt man sich hier bei uns darum, wer denn wieder mal Klammern entfernen darf.



Damit sich der Rost nicht noch weiter ausbreitet, müssen die Klammern raus.

Auch wenn es ein etwas langwieriger Prozess ist, ein rostiges Buch neu zu binden, kann sich das Ergebnis aber jedes mal blicken lassen. Ganz besonders, wenn es sich um ein Juwel, wie diese kleine Bibel handelt:


Silberne Schriftzüge auf dem Vorderdeckel ...

... mit einer opulent verzierten Schließe vorne und hinten.

Der Schnitt ist nicht nur vergoldet, er wurde sogar am Kopf und Fuß geprägt.

Bedauernswerterweise scheiden sich die Geister unter den Buchbindern, wenn es um rostige Klammern geht. Es gibt leider, leider viele Buchbinder, die die Klammern niemals rausnehmen würden. Dadurch wird aber nur die Rostentwicklung gefördert und der Kunde steht bald wieder mit dem Büchlein vor der Tür.
Handelt es sich um einen so schönen Schatz wie diese mit Silber verzierte Bibel, ist es aber auch verständlich, dass der Buchbinder sie gerne nochmal in der Hand halten wollte.

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